12. Kleinplanetentagung

5.- 7. Juni 2009 in Frankfurt

 

Teilnehmer der Kleinplanetentagung 2009 im Hörsaal des Physikalischen Vereins Frankfurt

Die Zuordnung der Teilnehmer zum Gruppenbild als pdf-Datei




Die  VdS-Fachgruppe "Kleine Planeten" und der
Physikalische Verein
(Betreiber der Taunus-Sternwarte B01)
hatten vom 5. bis 7. Juni 2009 zur

12. Kleinplanetentagung

in die Räume des Physikalischen Vereins
in der Robert-Mayer-Straße 2-4 nach Frankfurt eingeladen.

Die Tagung fand  im gleichen ehrwürdigen Gebäude statt,
in dem sich von 1913-1939 das vom Physikalischen Verein gegründete Planeteninstitut,
eine der historischen Wurzeln der Bahnberechnung von Kleinplaneten, befunden hatte.

Das Tagungsprogramm als pdf-Datei
 

Tagungsbericht

von Markus Griesser

Die ägyptische Göttin Isis grüsste die Kleinplanetler

Zur 12. Kleinplanetentagung trafen sich dieses Jahr in Frankfurt 64 Sternfreunde und -freundinnen bei sehr kühlen Temperaturen in den Räumlichkeiten des Physikalischen Vereins. Doch die umsichtige Planung und die freundliche Gastfreundschaft der Organisatoren erwärmten die Herzen der Teilnehmenden.

Ausnahmsweise begann der Anlass schon am Freitagabend mit einem öffentlichen Vortrag von Prof. Dr. Frank Brenker von der Uni Frankfurt zum Thema „Die Jagd nach Sternenstaub“. Der gut gefüllte große Hörsaal deutete klar darauf hin, dass der Physikalische Verein eine treue Stammhörerschaft hat. Doch der mit wunderschönen Animationen angereicherte Vortrag begeisterte auch die schon an diesem Freitagabend ziemlich zahlreich angereisten Kleinplanetler.

Im ersten Minor Planet Center
Nach den freundlichen Begrüßungen durch Prof. Dr. Wolfgang Grünbein (Physikalischer Verein), Otto Guthier (VdS) und Gerhard Lehmann (FG Kleine Planeten) eröffnete Erwin Schwab am Samstagmorgen den bunten Vortragsreigen mit einem kurzen Rückblick in die Geschichte des Physikalischen Vereins. Dieser ist schon 1824 auf Anregung von Johann Wolfgang von Goethe gegründet worden und belegt seit 1908 eigene Räumlichkeiten auf dem Gelände der Uni Frankfurt. Eine wichtige Phase war dann der Zeitabschnitt von 1913 bis 1939, war doch in diesen 26 Jahren mit dem Planeteninstitut sozusagen das damalige Minor Planet Center hier untergebracht, bevor es dann für einige Jahre ans ARI wechselte. Und mit einer vollmechanischen Rechenmaschine, die im Foyer besichtigt werden konnte, wurden in dieser Zeit die Bahnen von immerhin 600 Asteroiden berechnet.

In der institutseigenen Sternwarte, die später im Rahmen der Tagung auch besichtigt werden konnte, ist ein 210mm/f 14.7-Refraktor von Max Pauly (1849-1917) untergebracht, der heute noch für regelmäßige Publikumsführungen im Einsatz steht. Doch das tragende Instrument der Frankfurter Sternfreunde ist heute ein wunderschöner 60cm-Cassegrain mit einer großformatigen CCD-Kamera, der in einem eingezäunten Unigelände auf dem Kleinen Feldberg im Taunus an einem hervorragenden Standort untergebracht ist. Und mit diesem Instrument wurde dann auch der Asteroid  2007 RH133, der inzwischen den Namen Frankfurt trägt, entdeckt. Über dessen spannende „Lebensgeschichte“ Erwin Schwab ausführlich berichtete.

Die Geschichte des Planeten (204852) „Frankfurt“
Die Erstsichtung gelang dem Frankfurter Team am 15. September 2007. Aus dem 31 Tage langen Bogen fand Erwin Schwab im NEAT-Archiv drei passende Spuren vom 29. März 2001. Doch diese „One Night Stands“ akzeptierte das MPC erst, nachdem Erwin aufgrund seiner eigenen Bahnberechnungen mit dem Programm FindOrb auf weitere Spuren vom 20. März 2001 gestoßen war. Die Zwei-Nächte-Regel gilt halt eben auch in solchen Fällen. Mit dem stattlichen Bogen gelang es dann, weitere Pre-Coveries bis zurück ins Jahr 1997 im Archiv zu finden. Und so kam es dann nach nur einigen wenigen weiteren Beobachtungen im Dezember 2008 bereits im Januar 2009 zur Nummerierung und zum Namensvorschlag: (204852) Frankfurt, der am 9. April publiziert wurde. Dass dieser Name einer deutschen Großstadt noch nicht vergeben war, war für alle Beteiligten eine große Überraschung. Dass hingegen die Frankfurter Oberbürgermeisterin, der die frohe Kunde umgehend und schriftlich übermittelt wurde, bis heute nicht reagierte, ist eher schwer nachzuvollziehen: Andere Städte wissen jedenfalls eine solche himmlische Würdigung als ehrenvoller Standortvorteil sehr zu schätzen. Aber vielleicht hat der Frankfurter Bankenplatz nach den gigantischen Verlusten während der weltweiten Finanzkrise einfach auch nur genug von „astronomischen“ Zahlen?

Stark gewachsene Fachgruppe
Ein sichtlich stolzer Gerhard Lehmann präsentierte in seinem Referat die erneut sehr erfolgreiche Arbeit der Fachgruppe Kleine Planeten. Wie schon Otto Guthier angemerkt hatte, ist dies mittlerweile die größte Fachgruppe des VdS und außerdem mit Mitgliedern aus Österreich, Holland und der Schweiz auch international recht gut abgestützt.

Gerhards Stärke ist die Statistik und vor allem auch die anschauliche Darstellung von Zahlen und ihren Zusammenhängen. So verzeichnete die FG seit 1997 einen Zuwachs um 190 % und zählt heute 85 Mitglieder im Alter von 26 bis 82 Jahren. Mit 54 Sternwarten hat sich diese Zahl seit 1998 glatt vervierfacht. Doch auch die beobachterische Ausbeute ist eine kugelrunde Erfolgsgeschichte: Mitglieder der FG haben bis heute insgesamt 1’572 neuen Kleinplaneten entdeckt, 382 davon sind nummeriert und 140 tragen einen Namen. Und mit vier Apollos und zwei Amors konnten die glücklichen Finder immerhin schon sechs Mal den himmlischen Rasenmähern in den USA eine lange Nase drehen. Bewährt hat sich auch die Zusammenarbeit von sieben Sternwarten aus der Gruppe namentlich bei Follow-Up-Unterstützungen. Mit dem Aufruf, sich mit Artikeln am neu viermal pro Jahr erscheinenden VdS-Journal zu beteiligen, rundete Gerhard Lehmann seine ausdrückliche Leistungsschau ab.

Helvetia im Himmel und auf Erden
Im dritten Kurzvortrag war es dann dem Schreibenden vergönnt, auf eine eben erschienene himmlische Briefmarke aufmerksam zu machen. Die Schweizerische Post gab nämlich zu Ehren der himmlischen Helvetia, d.h. des in Winterthur entdeckten Asteroiden (113390) Helvetia eine Europa-Marke heraus, die eben diesen Kleinplaneten in seinem Sonnenumlauf dargestellt. Als Besonderheit wurden die Bahnen und Beschriftungen der Planeten in dieser ungewöhnlich großformatigen Briefmarke mit einem nachleuchtenden Lack gedruckt. Und da bekanntlich in jedem Mann irgendwie immer auch ein Kind steckt, ließ es sich der Schreibende nicht nehmen, mit einer wahrhaftig leuchtenden Demonstration im voll abgedunkelten Hörsaal den „glowing effect“ des kleinen Stückleins Papier live vorzuführen.

Weltraumschrott
Wer kennt das nicht: Da belichtet man eine schöne Aufnahmesequenz und stellt dann nach dem Download fest, dass ein hochfliegendes Stück Weltraumschrott gleich auf mehreren Frames je eine kurze Lichtspur hinterlassen hat. Dr. Holger Krag von ESOC ging in seinem spannenden Referat der heute aktuellen Situation rund um die Abfälle der modernen Weltraumfahrt auf den Grund.

Was im Jahre 1957 mit einer kleinen piepsenden Kugel auf einem Erdorbit begonnen hat, ist bis heute zu einem großen Ärgernis geworden. Bis heute sind etwa 33'000 Objekte Weltraumschrott katalogisiert; 13'000 davon sind noch heute im Orbit. Vier mal ist es in den Jahren von 1996 bis heute zu einem Zusammenstoss gekommen.

Erst kürzlich boten Iridium 33 und Cosmos 2251 einen spektakulären Crash, der nun dazu führt, dass sich regelmäßig deren beiden Trümmerwolken begegnen. Der Referent bot dazu eine eindrückliche Simulation, die auch aufzeigte, dass sich die Trümmerwolken durch das Abdriften von Teilchen ständig vergrößern.

Dr. Krag wies aber auch darauf hin, dass gerade in der Weltraumfahrt das Problem erkannt ist. So gibt es heute ein „Inter-Agency Space Debris Coordination Committee“, in dem vor allem das Vermeiden von weiterem Weltraumschrott im Vordergrund steht. Außerdem wird die Kollisionsvermeidung diskutiert. Und schließlich sind bei modernen Raumfahrvehikeln natürlich auch Schutzmassnahmen gerade bei den sensiblen Teilen ein stehendes Thema, beispielsweise mit der Konstruktion von Außenhüllen in einer Art Sandwichverfahren, mit so genannten Double/Multi Bumper Shields, auch benannt nach dem bekannten Kometenforscher Whipple Shields. Ein einschießendes Schrottteilchen durchschlägt die Außenhülle, wird dabei pulverisiert und hat dann aber nicht mehr genügend Energie, die innern Wände auch noch zu durchschlagen.

Afrikanische Astro-Nächte
Joachim Lorenz weilte letztes Jahr mit Gerhard Lehmann für acht dunkle, klare Beobachtungsnächte auf der Farm Tivoli in Namibia. Sie hatten dort einen 16-Zoll-Hypergraphen auf einer stabilen K100-Montierung sowie eine ST9-XE-Kamera zur Verfügung. Beste Voraussetzungen also, um bei einer Grenzgröße von 20.5 m auch ausgiebig Kleinplaneten-Positionen zu vermessen. Stattlich 138 wurden es insgesamt; die meisten davon wertvolle Follow-Ups für schon lange nicht mehr beobachtete Objekte – auch aus der Fachgruppe heraus. Dazu gelangen einige sehr schöne Astro-Aufnahmen sowie mit Video-Technik eine wunderschöne Aufnahme des Planeten Jupiter.

In der Mittagspause wurde das obligatorische Gruppenbild im Hörsaal angefertigt, da es wieder einmal regnete.

Die Sonde und der Stein
Ein sicherer Wert in den Kleinplanetentagungen ist mit Rainer Kresken ein weiterer Vertreter vom European Space Operations Centre, kurz ESOC. Rainer brachte diesmal Informationen über die Kometen-Forschungssonde Rosetta und ihre Begegnung mit dem diamantförmigen Asteroiden (2867) Steins mit. Die Idee für diese Sonde hat einen sehr erfolgreichen Vorläufer, nämlich die Sonde „Giotto“, die bekanntlich im März 1986 nahe am Kern des Halleyschen Kometen vorbeigerauscht ist und die dabei wunderschöne Aufnahmen zur Erde übermittelte. Kresken zeigt mit eindrücklichen Simulationen, wie die am 2. März 2004 gestartete „Rosetta“ bei mehreren Swing-by-Manövern an der Erde und beim Mars den nötigen dosierten Schwung für den nächsten Missionsverlauf holte. Dabei beobachtete das Rosetta-Team des ESOC Ende November 2007 eine dieser schwungvollen Erdannäherungen live auf der Starkenburg-Sternwarte.

Im Herbst 2008 kam es dann zur Begegnung mit dem Asteroiden (2867) Steins. Es wurden einige sehr schön Bilder zur Erde übermittelt, aber leider fiel kurz zuvor die Tele-Kamera in einen Sleep-Modus, so dass keine hoch aufgelösten Aufnahmen möglich waren. Dies soll nun bei der auf den 10. Juli 2010 geplanten Begegnung mit dem Asteroiden (21) Lutetia besser gelingen. Das eigentliche Ziel, den Kometen 67P / Tschurjumo-Gerrasimenko (Ja, das ist der mit dem unaussprechlichen Namen) soll die Sonde dann im Jahr 2014 erreichen, wobei im Spätherbst mit dem Absetzen des Landers „Philae“ auf der Kometenoberfläche ein spektakulärer Höhepunkt dieser komplizierten Mission vorgesehen ist.

Woher die Meteorite kommen
Mit den heutigen wissenschaftlichen Methoden, vor allem mit Hilfe der Spektralanalyse lassen sich heute zahlreiche Meteoriten bestimmten Asteroiden zuordnen. Darüber berichtete Volker Heinrich in seinem Referat „Meteorite und ihre Ursprungskörper“. Überraschend für manchen Zuhörer war sicher die Tatsache, dass die mit Abstand häufigsten gefallenen Meteorite Chondrite sind (87 %), während Achondrite mit 8 %, Stein-Eisen-Meteoriten mit 1,3 % und Eisenmeteorite mit gerade mal 4 % sehr viel seltener sind. Dass aber im Fachhandel weitaus am meisten Eisenmeteoriten angeboten werden, hat ganz einfach damit zu tun, dass diese am stabilsten sind im Hinblick auf die Umwelteinflüsse nach dem Fall.
Anhand des total zertrümmerten Asteroiden „Itokawa“ zeigte der Referent, wie fatal einzelne Zusammenstösse von Asteroiden in der Vergangenheit abgelaufen sein müssen. Heute ist es möglich, in Einzelfällen, wie beispielsweise bei der Vesta sogar Aussagen zu machen, aus welchen Zonen des Asteroiden die einzelnen Meteorite stammen. Der am 7. Oktober im Sudan gefallene Mini-Asteroid 2008 TC3 ist offenbar ein sehr primitiver Achondrit, ein so genannter Ureilit, und somit ein Zeuge aus der Frühzeit des Sonnensystems. Dies macht ihn auch so überaus wertvoll.

Populäre Astronomie
Ranga Yogeshwar befasst sich als TV-Moderator von Wissenschaftssendungen ja auch immer wieder mit der Popularisierung von Astronomie. Das Vorbild aus seiner Jugend war dabei die Comic-Figur von Hergé, der Reporter Tim, der mit seinem Hund Struppi und dem Freund Kapitän Hadock auch diverse Weltraum-Abenteuer zu bestehen hat. Yogeshwar wies darauf hin, dass es gerade oft die einfachen Fragen sind, die knifflige Antworten erfordern und erläuterte dies anhand der simplen Frage, wie groß ein Spiegel sein müsse, um sich ganz darin sehen zu können. Antwort: Die Hälfte der Körpergröße, und der Abstand zum Spiegel spielt dabei keine Rolle! Und auch in der Astronomie gibt es so ganz einfache Fragen, wie zum Beispiel, warum funkeln die Sterne und warum leuchten die Planeten im Vergleich dazu viel ruhiger. Oder warum dreht sich die Erde um die eigene Achse? Und warum immer langsamer? Solche und weitere Fragen lösten dann eine rege Diskussion darüber aus, wie Astronomie in den Schulen schmackhaft gemacht werden könnte.

Heppenheimer Sternstunden
In seinem gelungenen Rückblick servierte Matthias Busch auch einige hübsche Reminiszenzen aus der Frühzeit der Starkenburg-Sternwarte. So wurden offenbar bereits 1981 durch Erwin Schwab und Holger Mandel erste Versuche unternommen, noch mit klassischen Methoden auf einem Koordinaten-Messtisch Astrometrie in der Praxis zu betreiben. Doch der Durchbruch gelang dann 1995 mit der Beschaffung einer ersten CCD-Kamera, wobei am 7. Dezember 1995 auch der Obs Code 611 erworben werden konnte. Vorerst stand das Verfolgen von KSO-ARI-Objekten im Vordergrund. Dabei ging es darum, aus den in den Jahren von 1990 – 1993 in Tautenburg entdeckten rund 230 Asteroiden einzelnen mit Follow-up-Messungen in ihren Bahnen zu sichern. Bald gelang auch die erste Neusichtung: Aus dem 1997 GB wurde später (14080) Heppenheim. Bis zum Jahresende gelang es, weitere sechs neue Kleinplaneten aufzustöbern. Später folgte auf Initiative von Reiner Stoss das Verfolgen von NEOCP -Objekten.

Seit einigen Monaten hat Matthias Busch, der ja auch Autor des genialen Programms EasySky ist, neuen Schwung in die Heppenheimer Asteroidensuche gebracht. Er hat eine neue Software für den Starkenburg Observatory Heppenheim Asteroid Survey entwickelt. Mit weitgehend automatisierten Prozessen gehe es darum, aus dem komplett in kleine Suchfelder eingeteilten Himmel neue Objekte zu finden. Allerdings lässt sich heute mit Einzelaufnahmen nicht die nötige tiefe Grenzgröße erreichen. Deshalb arbeitet Matthias Busch heute mit gestackten Bildern, die eine Grenzgröße von gegen 21 mag ermöglichen. Als Beispiel zeigte er dann ein Bildpaket vom 14. Februar 2009, das acht bekannte und nicht weniger als drei neue Asteroiden mit Helligkeiten von 19.9 bis 20.4 enthielt. Bis heute konnten mit dieser verbesserten Suchtechnik 13 neue Heppenheimer gefunden werden. Matthias Busch wird sein Programm weiter ausbauen und möchte insbesondere auch mit einem Skymorph ähnlichem Programm das Absuchen von älteren Himmelsaufnahmen aus dem Archiv heraus ermöglichen.

Ehrgeizige Pläne mit GAIA
Mit seinem Referat „Die dreidimensionale Vermessung der Milchstrasse mit GAIA“ bot Dr. Stefan Jordan vom Astronomischen Recheninstitut Heidenberg Einblick in ein ehrgeiziges Astrometrie-Projekt der Superlative. Gegenüber Hipparcos wird eine massive Verbesserung der Messgenauigkeit erwartet. Der etwa 1,4 Tonnen schwere Satellit ist mit zwei sehr langbrennweitigen Teleskopen und einer aus 106 Einzelmodulen zusammengesetzte Super-CCD-Kamera ausgerüstet. Er wird im Lagrange-Punkt L2 in 1,5 Mio km Distanz auf der sonnenabgewandten Seite platziert und kann von dort aus bis zu 45 Grad an die Sonnen heran beobachten. Die erwünschte hohe Genauigkeit, aber auch die enormen Datenmengen bilden für das Team große Herausforderungen. Entsprechend hoch sind aber auch die Erwartungen. Es sollen einige Millionen neuer Galaxien und Quasare und schätzungsweise 100'000 bis eine Millionen neuer Asteroiden entdeckt werden.

Doch auch die von Einstein prognostizierten Lichtablenkungen sollen an Planeten genauer überprüft werden. Der Zeitplan sieht die ersten Messungen ab März 2012 vor, die bis 2017 dauern sollen. Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse wird ab etwa 2020 gerechnet.

Kompakte Computertechnik
Mit einem sehr technischen Referat startete Sven Güdel in den Sonntagmorgen. Unter dem Titel „Der Astrocluster“ zeigte der Referent anhand von zahlreichen praktischen Erfahrungen, wie sich Computer mit sehr unterschiedlichen astronomischen Aufgaben kompakt in einem einzigen Gehäuse unterbringen lassen. Dass dies keine leichte Aufgabe ist, erläuterte Sven Güdel anhand zahlreicher Problemstellungen, für deren Lösung dann profunde Kenntnisse und zweifellos auch manche Tüftelei nötig waren. Aber eben: Solche aufwändigen Basteleien sind nicht jedermanns Sache.

Ein optischer Riese in Österreich
Richard Gierlinger pflegt im Abstand von wenigen Jahren mit immer noch größeren, noch besseren und noch leistungsfähigeren Instrumenten auf seiner Station B21 aufzuwarten. Auf den Tag genau drei Jahre nach Einbau eines 600mm-Teleskops leistete er sich jetzt ein neu erbautes 700 mm-Teleskop mit aufgesetztem
150 /f15-Refraktor. Der Tubus ist volle vier Meter lang und der etwa 170 kg schwere Spiegel in einer raffinierten Zelle mit 27 axialen und 21 radialen Punkten gelagert. Erwähnenswert sind außerdem die neuen Winkelgeber von Heidenhein, die mit Interpolation in den Genauigkeitsbereich von gerade mal noch zwei Hundertstel Bogensekunden vorstoßen. Der Kontrollraum ist im Untergeschoss untergebracht: Über drei Monitore wird das Gerät, die Kuppel sowie die Kamera gesteuert und die Frames ausgewertet. Das Gerät erreicht problemlos die
22. Größenklasse und stößt damit in Bereiche vor, die von vielen Surveys nicht erreicht werden.

Neu ist außerdem eine eben frisch eingebaute Solaranlage, deren Kapazität dazu ausreicht, den Sternwartebetrieb über etwa sechs Stunden lang aufrecht zu erhalten. Aber Gierlinger wies bei allem Stolz über sein neues Instrument doch auch darauf hin, dass mit zunehmender Instrumentengröße auch die Probleme unverhältnismäßig wachsen.

Zwar nur klein, aber wenigstens mein...
Einen hübschen Kontrast zur österreichischen Superanlage bot dann Jürgen Linder mit seinem sehr einfach, aber zweckmäßig gebauten Corner Observatory B50 in Durmersheim. Streng genommen ist es ein Doppelobservatorium, in dem die eine Observatoriumshälfte mit einem Instrument im Dachgeschoss und in einer Ecke des Gartens untergebracht ist. Mit hübschen Naturaufnahmen aus eben diesem Garten zeigte dann Jürgen, dass er durchaus auch Sinn hat für irdische Schönheiten. Ach ja, der Name: Corner Observatory. Der hat mit der Anschrift von Jürgen Linder zu tun, wohnt er doch mit seiner Familie an einer Strasse mit dem Namen „Im Eck“.

Herschel und Planck unterwegs zum Einsatz
Den bunten Vortragsreigen schloss dann Rainer Kresken ab mit einem spontan eingeschobenen Vortrag über die Forschungssonden Herschel und Planck. Herschel ist ein IR-Teleskop, welches das relativ kühle Universum beobachten soll, während Planck als Nachfolger von COBE die kosmische Mikrogrundsstrahlung untersucht. Beide Geräte arbeiten mit flüssigem Helium, deren Vorrat für gut zwei Jahre ausreicht. Der Start dieser Mission erfolgte am 14. Mai von Kourou aus mit einer Ariane-Rakete. Vier Tage später konnte die beiden Vehikel u.a. von Matthias Busch von der Starkenburg-Sternwarte aus am Nachthimmel astrometriert werden. Im Bild war außerdem die Tragstruktur „Sylda“.

Ausflug in den Taunus
Gut die Hälfte der Tagungsteilnehmer traf sich danach auf der Taunus-Sternwarte, etwa 20 Kilometer außerhalb von Frankfurt, zur dortigen Besichtigung der Station B01. Der wunderschön gelegene Standort und die solide Instrumentierung des 60cm-Spiegels beeindruckten sehr. Doch auch der Abstecher zur historischen Erdbebenwarte auf dem gleiche Gelände war für alle Beteiligte ein Erlebnis.

Die nächste Tagung
Die nächste, die 13. Kleinplanetentagung findet wieder in Drebach statt. Wegen der Fußball-Weltmeisterschaft wurde der Termin auf das Wochenende vom 4. bis 6. Juni 2010 gelegt.